Drei Fragen an... Dr. Andreas Lützerath, Trimet Aluminium SE
Dr. Andreas Lützerath erläutert, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit der Nichteisenmetallindustrie auf dem internationalen Markt sichern lässt und beleuchtet das Spannungsfeld zwischen optimaler Anlagenauslastung und Flexibilisierungsmaßnahmen.

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International wettbewerbsfähige Strompreise und faire Marktbedingungen sind die Voraussetzung für die Existenzsicherung unserer Produktionsstandorte.
Welche infrastrukturellen, wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen braucht die Nichteisenmetallindustrie, um international wettbewerbsfähig zu bleiben, flexibler zu werden und den Wandel zur Klimaneutralität zu vollziehen?
Wir brauchen Rahmenbedingungen, die für langfristige Planungssicherheit sorgen. Das gilt in erster Linie für die Energieversorgung, schließlich machen Strompreise einen erheblichen Teil unserer Produktionskosten aus. International wettbewerbsfähige Strompreise und faire Marktbedingungen sind die Voraussetzung für die Existenzsicherung unserer Produktionsstandorte. Maßnahmen wie der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM verschlechtern diese Bedingungen. CBAM wird internationale Handelsströme verzerren und die Position europäischer Produzenten schwächen.
Dabei gestaltet die energieintensive Industrie die grüne Transformation maßgeblich mit. Sie investiert in neue Technologien und baut Produktionsanlagen um. Es darf nicht sein, dass dieser Einsatz für den Industriestandort durch ausufernde Bürokratie verzögert oder gar blockiert wird. Statt zusätzlicher Regulierung brauchen wir eine Vereinfachung und Beschleunigung von Prozessen. Und schließlich: eine leistungsfähige Infrastruktur bleibt ein zentraler Standortfaktor. Wir sind auf ein funktionierendes Wasser-, Schienen- und Straßennetz angewiesen. Vor allem der Schienenverkehr bietet zudem noch viel Potenzial, um Emissionen zu reduzieren. Leider wirken hier hohe Preise und mangelnde Kapazitäten derzeit als Bremsen.
Die Industrie trägt entscheidend zum Klimaschutz bei, indem sie ihre Treibhausgasemissionen stetig senkt. Sie erreicht dies durch höhere Energieeffizienz, optimierte Prozesse und konsequente Nutzung von Abwärme. Eine verbesserte Energieeffizienz sowie die Optimierung der Anlagenauslastung stehen jedoch häufig im Spannungsfeld zu Flexibilisierungsmaßnahmen. Wie geht Ihr Unternehmen mit den Herausforderungen um, die sich aus diesem Zielkonflikt ergeben?
Es besteht in der Tat ein Zielkonflikt. Die Optimierung von Anlagen und Prozessen zielt darauf ab, Energieverluste zu vermeiden. Das gelingt mit einem möglichst stabilen und gleichmäßigen Betrieb. Die Integration erneuerbarer Energien ist eine Aufgabe, die uns Unternehmen zusätzliche Leistungen abverlangt, die alles andere als selbstverständlich sind. Sie zwingt uns, Lasten stärker zu variieren, um auf schwankende Stromverfügbarkeiten zu reagieren. Den Zielkonflikt lösen wir, indem wir die richtige Balance finden. Wir wollen die ökologischen Effekte zur Wirkung bringen und den Umbau der Energieversorgung unterstützen. Dabei müssen wir Arbeitsprozesse berücksichtigen, die durch technische Verfahren und die Grundregeln eines Wirtschaftsunternehmens festgelegt sind.
Unser Weg besteht darin, eigene technische Lösungen zu entwickeln. Mit unserem Prozesssteuerungssystem METRICS können wir den Kernprozess der Aluminiumelektrolyse trotz schwankendem Energieeintrag stabil halten. Damit schaffen wir Flexibilität, ohne die Qualität oder Sicherheit der Produktion zu gefährden. Solche Innovationen zeigen, dass sich die Herausforderungen meistern lassen – allerdings mit erheblichen Investitionen. Und die brauchen verlässliche Rahmenbedingungen.
Welchen Einfluss hat die Flexibilisierung auf die Arbeitsplätze und Arbeitsmodelle in Ihrem Unternehmen? Sehen Sie diese Veränderungen eher als Chance oder als Herausforderung?
Mit der Flexibilisierung sichern wir unsere Produktionsstandorte mit ihren Arbeitsplätzen. Als Aluminiumproduzent bleiben wir aber ein vollkontinuierlicher Betrieb. Das stellt uns vor besondere Herausforderungen. Die Schmelzflusselektrolyse läuft rund um die Uhr, und eigentlich sieht das Verfahren keine Flexibilisierung vor. Dass es uns dennoch gelungen ist, in der Produktion Spielräume für Lastverschiebungen zu schaffen, erforderte viel Zeit und Innovationskraft. Dennoch gibt es Grenzen, die nicht überschritten werden können, ohne den Herstellungsprozess oder die Anlagensicherheit zu gefährden.
Für die Belegschaft bedeutet das, dass Arbeitsmodelle weiterhin an den 24/7-Betrieb angepasst bleiben müssen. Wichtig ist dabei vor allem die Planbarkeit: Produktions- und Wartungseinsätze lassen sich nicht beliebig verschieben, und schließlich verlassen sich auch unsere Kunden auf Produktqualität und Termintreue. Mit der Flexibilisierung legen wir ein Bekenntnis zum Produktionsstandort ab. Sie verlangt jedoch zugleich eine präzise Organisation und klare Strukturen im Arbeitsalltag.
Zur Person
Dr. Andreas Lützerath, Technischer Vorstand, Trimet Aluminium SE
Dr. Andreas Lützerath studierte Metallurgie und Werkstofftechnik an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Nach seinem Abschluss als Diplom-Ingenieur war er als Projektingenieur am Institut für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling an der RWTH Aachen tätig. Dort war er als Projektleiter für öffentliche und industrielle Forschungsprojekte verantwortlich und in der Lehre tätig. Nach seiner Promotion wechselte er 2009 als Leiter Verfahrens- und Qualitätskontrolle zur Hamburger Niederlassung der TRIMET Aluminium SE. Von 2012 bis 2015 war er Elektrolyseleiter der TRIMET Aluminiumhütte in Hamburg, von Oktober 2015 bis Dezember 2023 Werksleiter des TRIMET Standorts Essen. Am 26. November 2018 wurde Dr. Andreas Lützerath zudem zum Technischen Vorstand der TRIMET Aluminium SE berufen.
Über die Interviewreihe
In der Rubrik „Drei Fragen an...” kommen Fachleute aus den energieintensiven Industrien zu Wort. Sie geben Einblick in branchenspezifische Aspekte der Dekarbonisierung und sprechen über Strategien für eine klimaneutrale Industrie.
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