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11.11.2022

Lausitzer Fachkonferenz 2022: erfolgreiche Dekarbonisierung trotz Krisenzeiten

Wie gelingt die industrielle Dekarbonisierung unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen? Expertentalk auf der Lausitzer Fachkonferenz 2022 – Klimaneutrale Industrie in Cottbus. | Foto: CDI, Rainer Weisflog

Die deutsche Industrie muss die geforderten Dekarbonisierungsziele erreichen und steht dabei gleichzeitig vor der Herausforderung einer voranschreitenden Energiekrise.

Videobotschaft von Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. | Foto: CDI, Rainer Weisflog
Videobotschaft von Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. | Foto: CDI, Rainer Weisflog

Die deutsche Industrie muss die geforderten Dekarbonisierungsziele erreichen und steht dabei gleichzeitig vor der Herausforderung einer voranschreitenden Energiekrise. Wie die industrielle Transformation unter der aktuellen Lage gelingen kann, war das Thema der 3. Lausitzer Fachkonferenz in Cottbus. Der Einladung des Clusters Dekarbonisierung der Industrie (CDI) waren am 10. November 2022 rund 370 Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik gefolgt. Das KEI als Koordinierungsstelle des Clusters hat die hybride Konferenz organisiert und umgesetzt.

Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), richtete sich mit einer Videobotschaft an die Teilnehmenden und betonte, dass eine schleunige Umstellung auf grüne Energieträger notwendig sei, um den Industriestandort Deutschland für die Zukunft wettbewerbsfähig zu machen. Mit Blick auf die Arbeit des CDI und die Lausitzer Fachkonferenz hob er hervor: „Das Cluster Dekarbonisierung der Industrie ist ein bundesweites Leuchtturmprojekt durch die Zusammenarbeit der großen Forschungsgesellschaften DLR und Fraunhofer und den beiden Partnern BTU Cottbus-Senftenberg und Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien. Das ist eine spannende und vielversprechende Mischung. Darüber hinaus wird das Netzwerk um externe Akteure aus Industrie, Wissenschaft und Politik erweitert. Ein Weg für den wichtigen Austausch zwischen den Akteuren ist die Lausitzer Fachkonferenz, die sich damit als eine der wichtigsten Konferenzen für die Klimatransformation der Industrie in Deutschland etabliert.“

Klimaschutz und Versorgungssicherheit müssen zusammengedacht werden

Dr. Georg Kobiela, Referent für die Industrietransformation bei Germanwatch, spricht über Klimaschutz in Zeiten der Krisen. | Foto: CDI, Rainer Weisflog
Dr. Georg Kobiela, Referent für die Industrietransformation bei Germanwatch, spricht über Klimaschutz in Zeiten der Krisen. | Foto: CDI, Rainer Weisflog

Die vorherrschende Gasmangellage und die noch knappen Ressourcen aus regenerativen Energien schüren insbesondere bei den Unternehmen der energieintensiven Industrien Unsicherheiten, die durch die aktuelle politische Situation noch verstärkt werden. Diesen Eindruck bestätigte auch Dr. Georg Kobiela, Referent für die Industrietransformation bei Germanwatch, in seiner Keynote. Er betonte, dass die aktuelle Krise kurzfristige Lösungen erfordere und energieeffizientes Handeln und Energieeinsparungen in allen Sektoren in diesem Zusammenhang unabdingbar seien. Mittelfristig müsse die Transformation tiefgreifender sein und die Anstrengungen in Bezug auf Genehmigungsbeschleunigung, Carbon-Management, Kreislaufwirtschaft und klimaneutrale Infrastruktur verstärkt werden.

Dr. Tobias Fleiter vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung erläutert verschiedene Szenarien für eine treibhausgasneutrale Industrie. | Foto: CDI, Rainer Weisflog
Dr. Tobias Fleiter (links) vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung erläutert verschiedene Szenarien für eine treibhausgasneutrale Industrie. | Foto: CDI, Rainer Weisflog

Dr. Tobias Fleiter vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI erläuterte anschließend in seinem Vortrag Ergebnisse zu verschiedenen Szenarien für eine treibhausgasneutrale Industrie. Übereinstimmend über alle Transformationspfade hinweg stellte er fest, dass sowohl der Wasserstoff- als auch der Strombedarf deutlich steigen werden. Der konventionelle Stromverbrauch werde durch Effizienzgewinne reduziert. Dieser Effekt wird durch die Elektrifizierung der Prozesswärme jedoch vollständig aufgehoben.

Dekarbonisierung von Prozessketten

Intensives Netzwerken bei der Lausitzer Fachkonferenz in der Messe Cottbus. | Foto: CDI, Rainer Weisflog
Intensives Netzwerken bei der Lausitzer Fachkonferenz in der Messe Cottbus. | Foto: CDI, Rainer Weisflog

Die Herausforderungen bei der Umrüstung auf klimaneutrale Energieträger erläuterte unter anderem Dr. Stephan Behle vom Glasproduzenten Saint-Gobain. Er wies insbesondere darauf hin, dass der Wechsel von Erdgas auf klimaneutralen Wasserstoff eine technologische Herausforderung darstelle, da keine vergleichbaren Daten für die großindustrielle Anwendung existieren. In einem Projekt soll daher am Standort Herzogenrath europaweit eine der ersten industriellen CO2-neutralen Flachglasproduktionen installiert werden. Wichtiger Baustein dafür ist der Einbezug regionaler Akteure, insbesondere zur Sicherstellung der Versorgung mit grüner Energie.

Dr. Jörg Unger, Projektleiter beim Chemiekonzern BASF, beleuchtete den Weg der Chemieindustrie in die Treibhausgasneutralität und stellte insbesondere die Bedeutung zur Schließung des Kohlenstoffkreislaufes heraus. Dadurch würden sich zwar die Kosten für den Endkunden spürbar erhöhen, entscheidend für die Akzeptanz sei jedoch, dass der CO2-Fußabdruck nachvollziehbar und transparent ist.

Ob nachhaltiges Wirtschaften zur Zeit einer akuten Gasmangellage überhaupt möglich ist, erläuterte Dr. Franziska Lietz von Ritter Gent Collegen aus juristischer Sicht sowie Bernd Rupieper von der IKB Deutsche Industriebank. 

Klimaschutz: Chance und Herausforderung für die Industrie

Dr. Axel Bree vom BMWK (Mitte) diskutiert mit den Referierenden und Konferenzteilnehmenden über die aktuellen Chancen und Herausforderung für die deutsche Industrie.| Foto: CDI, Rainer Weisflog
Dr. Axel Bree vom BMWK (Mitte) diskutiert mit den Referierenden und Konferenzteilnehmenden über die aktuellen Chancen und Herausforderungen für die deutsche Industrie.| Foto: CDI, Rainer Weisflog

Im abschließenden Expertentalk diskutierten die Referierenden gemeinsam mit Dr. Axel Bree, Leiter des Referate IVE3 im BMWK, über die branchenspezifischen Erfordernisse der energieintensiven Industrien für ein Gelingen der Dekarbonisierung unter den aktuell erschwerten Bedingungen. 

Themenschwerpunkt war unter anderem die Förderfähigkeit von Projekten im vom KEI betreuten Förderprogramm „Dekarbonisierung in der Industrie“ und das damit verbundene Beihilferecht. „Wir fördern prinzipiell technologieoffen. Entscheidend ist die CO2-Einsparung“, so Bree. Auch wenn die Antragsstellung aus Sicht von Bernd Rupieper für potenzielle Förderempfänger eine Herausforderung darstellt, gibt es für ihn nur einen Weg: „In die Glaskugel schauen kann keiner. Aber der Trend ist klar: Es lohnt sich, nachhaltig nach vorne zu schauen und zu investieren.“

Graphic Recording der Kernaussagen zur Industriedekarbonisierung

Lorna Schütte (links) präsentiert zum Abschluss ihre grafische Dokumentation der Kernaussagen der Lausitzer Fachkonferenz 2022. | Foto: CDI, Rainer Weisflog
Lorna Schütte (links) präsentiert zum Abschluss ihre grafische Dokumentation der Kernaussagen der Lausitzer Fachkonferenz 2022. | Foto: CDI, Rainer Weisflog

Die Veranstaltungsinhalte wurden von der Grafikerin Lorna Schütte als „Graphic Recording“ dokumentiert, das die Teilnehmenden über einen Bildschirm live mitverfolgen konnten. Entstanden ist eine Bilderfolge der diskutierten Facetten rund um die Industriedekarbonisierung.

Über die Lausitzer Fachkonferenz – Klimaneutrale Industrie

Die Lausitzer Fachkonferenz wurde vom KEI konzipiert und im Jahr 2020 das erste Mal umgesetzt. Seit letztem Jahr richtet das Cluster Dekarbonisierung der Industrie (CDI) die jährliche Konferenz in Cottbus aus. Die vier Initiatoren des CDI sind die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, das Institut für CO2-arme Industrieprozesse des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) und das Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI). Das KEI betreibt die Koordinierungsstelle des Clusters.

Weitere Informationen

Impressionen sowie einen Videomitschnitt der Veranstaltung finden Sie auf der Website des CDI.

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