Zehn Jahre Pariser Klimaabkommen: Wie hat es Deutschlands Grundstoffindustrie verändert
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Am 12. Dezember 2015 beschlossen 195 Staaten in Paris ein Klimaabkommen, das die Erderwärmung auf unter 2°C begrenzen soll. Es prägt seither EU- und deutsche Klimapolitik und treibt in der Grundstoffindustrie neue Regeln, Märkte und Investitionen an.
Mit dem Pariser Abkommen verpflichteten sich die Staaten, den Klimawandel zu bremsen und die Weltwirtschaft klimafreundlich umzubauen. Seit seinem Inkrafttreten ein Jahr später gibt es vor, die Erderwärmung deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Diese Zielsetzung hat die europäische und deutsche Klimapolitik grundlegend verändert und wirkt besonders stark in der energieintensiven Grundstoffindustrie, wo sie neue Regeln, Märkte und Investitionspfade ausgelöst hat.
Klimaabkommen als rechtliche Basis für neue Regeln und Instrumente
Von der Reform des EU-Emissionshandels (EU-ETS) über den EU Green Deal bis zum CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM): Die industriepolitischen Weichenstellungen der letzten zehn Jahre sind ohne Paris nicht denkbar. Das Abkommen bildet die zentrale Basis für weitreichende Transformationen: Artikel 4 verpflichtet die Staaten, ihre Emissionsziele schrittweise zu verschärfen. In Deutschland führte das zu einem überarbeiteten Klimaschutzgesetz mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2045. Artikel 6 schuf die rechtliche Basis für kooperative Marktmechanismen, die heute den Handel mit Emissionsgutschriften ermöglichen und Investitionen in Wasserstoff, Energieeffizienz und CO₂-Abscheidung fördern. Artikel 9 mobilisiert Finanzmittel für Klimaschutzmaßnahmen: Förderprogramme, Transformationsfonds und europäische Großprojekte wie IPCEI (Important Projects of Common European Interest) für Wasserstoff, CCU und CCS entstehen aus dieser Finanzierung. Artikel 13 stärkt Transparenz und Berichtspflichten – sichtbar in verschärften Monitoring-Regeln, verpflichtenden Produkt-CO₂-Fußabdrücken (PCFs) und dem Digitalen Produktpass.
Auswirkungen für deutsche Grundstoffhersteller
Das Pariser Abkommen hat die globale Klimapolitik geprägt. Für die Grundstoffindustrie sind diese Vorgaben längst betriebswirtschaftlich relevant. Steigende CO₂‑Preise im EU ETS und der kommende CO₂‑Grenzausgleich (CBAM) verschieben die Wettbewerbsbedingungen zugunsten klimafreundlicher Produktionsmethoden. Kunden und Lieferanten verlangen nachweisbare PCFs und transparente Lieferketten. Nachvollziehbare CO₂-Bilanzen und Labels fördern die Nachfrage nach emissionsarmen Grundstoffen und Produkten. Politische Rahmenbedingungen setzen Anreize für Technologien wie Wasserstoff-Direktreduktion, Elektrolyseanlagen, elektrifizierte Hochöfen und CCU/CCS-Anlagen. Gleichzeitig verändern sich Nebenproduktströme wie Schlacken und Gase, was nachgelagerte Industrien zu Anpassungen zwingt. Während das Pariser Abkommen langfristige Klimaziele vorgibt, regeln nationale Gesetze wie das Klimaschutzgesetz die konkrete Umsetzung. Dennoch bleibt die Planungssicherheit für klimafreundliche Investitionen eine Herausforderung.
Die nächsten zehn Jahre – Schlüsselthemen für die Wettbewerbsfähigkeit
Der Erfolg der deutschen Grundstoffindustrie auf dem Weg zur Klimaneutralität hängt von mehreren zentralen Bedingungen ab. Entscheidend ist zunächst, dass der Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Infrastruktur für Strom, Wasserstoff und CO₂ Transport schnell vorankommt, damit dekarbonisierte Prozesse in großem Maßstab möglich werden. Klare regulatorische Leitplanken und unterstützende Brückentechnologien – einschließlich einer CO₂-Kreislaufwirtschaft – erleichtern den Übergang, wobei die Vermeidung von Emissionen Vorrang haben sollte.
Ebenso wichtig sind harmonisierte PCFs, ein funktionierender Digitaler Produktpass und robuste Monitoring Systeme. Sie schaffen die Grundlage sowohl für internationalen Handel als auch für die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen. Gleichzeitig muss die Nachfrage nach emissionsarmen Grundstoffen wachsen, damit die Transformation wirtschaftlich tragfähig wird. Die öffentliche Beschaffung kann dabei den Markt für CO₂-arme Materialien gezielt stärken.
Hinzu kommt, dass neue Risiken wie volatile Wasserstoffverfügbarkeit, veränderte Materialflüsse oder verschobene Kostenstrukturen ein umsichtiges Risikomanagement erfordern. Schließlich bleibt das richtige Timing entscheidend: Unternehmen, die früh in Dekarbonisierung investieren, erhöhen ihre Resilienz, erschließen neue Märkte und sichern sich eine starke Position als Anbieter zukunftsfähiger Grundstoffe.
Zehn Jahre nach Paris ist das Abkommen kein abstrakter Vertrag mehr. Es hat die Grundlage für die Transformation einer der wichtigsten industriellen Wertschöpfungsketten Deutschlands gelegt.