Die CO₂-freie Zukunft der Zellstoff- und Papierherstellung
Der Weg zur klimafreundlichen Produktion beginnt im Wald: Pflanzenfasern aus nachhaltiger Forstwirtschaft – darunter heimisches Durchforstungsholz, Sägenebenprodukte und Importe – bilden eine solide Grundlage. Alternative Rohstoffe spielen mit 0,2 Prozent Anteil kaum eine Rolle. Auch die Scope-3-Emissionen, die im Ausland bei der Faserherstellung im Sulfit- und Sulfatverfahren sowie beim Transport von Marktzellstoff entstehen, wiegen schwer. Entscheidend bleibt die konsequente Umstellung der Energieversorgung für die Trocknungsprozesse in Deutschland. Nur mit erneuerbarem Strom, klimafreundlicher Prozesswärme und wettbewerbsfähigen Energiepreisen wird die Branche klimaneutral.
Potenziale zur Dekarbonisierung
Option A: Elektrifizierung
Die Zellstoff- und Papierindustrie kann durch Elektrifizierung ihre CO₂äq-Emissionen deutlich senken, doch dafür sind hohe Investitionen und ein stark dekarbonisiertes Stromnetz nötig. Vor allem die Dampferzeugung und Trocknung bieten Potenzial. Elektrische Kessel und Wärmepumpen für den Faseraufschluss, elektrische Trockner zur Energieeinsparung oder die vollständige Prozesselektrifizierung – all diese Ansätze ermöglichen erhebliche Dekarbonisierung, erfordern jedoch hohe Investitionen, technologische Fortschritte und eine zuverlässige Versorgung mit erneuerbarer Energie.
Option B: Alternative Prozessverfahren
Ein grundlegendes Umdenken in der Zellstoff- und Papierherstellung eröffnet neue Chancen, Emissionen deutlich zu senken. Klimafreundlichen Dampferzeugung und innovative Fertigungsverfahren rücken in den Fokus. Mechanisch-thermische und lösungsmittelbasierte Alternativen zur herkömmlichen Zellstoffproduktion steigern die Ressourceneffizienz und senken Emissionen schon vor der Verarbeitung in der Papiermaschine.
Effizientere und optimierte Refiner verkürzen Leerlaufzeiten, während chemische Faserbehandlungen die energieintensive mechanische Mahlung ersetzen. Fortschrittliche Trocknungstechnologien wie Dampfblaskasten-, Impuls-, Dampf-/Pralltrocknung und Kondensationsbandtrocknung senken den Energieverbrauch weiter. Wärmerückgewinnungssysteme steigern zusätzlich die Energieeffizienz und treiben die nachhaltige Transformation der Papierherstellung voran.
Option C: Brennstoffalternativen
Biomasse und Wasserstoff sind neben Biogas entscheidend. Biogene Reststoffe wie Rinde, Schwarzlauge oder Klärschlämme liefern klimaneutrale Prozesswärme, sind jedoch nur begrenzt verfügbar. Grüner Wasserstoff kann fossile Energien ersetzen, ist aber derzeit teuer und es fehlt an der nötigen Infrastruktur.
Forschungsansätze und technologische Übergänge
Die Forschung zur energieeffizienten Papierherstellung konzentriert sich derzeit auf die energieintensive Trocknung und deren Optimierung. Im Fokus stehen drei Ansätze: die Optimierung der konventionellen Papierproduktion mit Wasser, etwa durch Fasermodifikation, verbesserte mechanische Entwässerung und Wärmerückgewinnung; die Entwicklung von trockenen Herstellungsverfahren; sowie die Erprobung alternativer Flüssigkeiten zur Verteilung des Faserstoffs. Zudem arbeiten Forschende an der systemischen Verknüpfung dieser Prozessschritte, insbesondere im Hinblick auf verschiedene Energieformen und Temperaturniveaus. Weitere Schwerpunkte sind die Digitalisierung zur Prozessoptimierung sowie die Erforschung neuer Materialien und Verfahren, die die Kreislauffähigkeit papierbasierter Produkte verbessern.
Die deutsche Papierindustrie setzt noch stark auf fossile Energieträger, vor allem Erdgas für die energieintensive Trocknung. Erste Projekte erproben alternative Energielösungen, doch eine flächendeckende Umstellung steht noch aus. Grüner Wasserstoff gilt als möglich Energiequelle, ist jedoch knapp und wird vorrangig in anderen Branchen genutzt. Daher setzen Papierunternehmen vor allem auf Biogas, Biomasse, Abwärmenutzung und elektrische Heizsysteme und Hochtemperatur-Wärmepumpen. Die technischen Voraussetzungen für eine Dekarbonisierung sind vorhanden. Künftig rücken Skalierung, Wirtschaftlichkeit und politische Rahmenbedingungen in den Vordergrund.
So funktioniert die konventionelle Papier- und Zellstoffherstellung
Bei der Herstellung von Papier und Zellstoffe werden in Deutschland aktuell etwa 11,8 Millionen Tonnen CO₂äq jährlich emittiert. Diese Emissionen sind nahezu ausschließlich energiebedingt. Diese Problematik verdeutlicht unsere Grafik zur konventionellen Papier- und Zellstoffproduktion.
Weiterführende Informationen
- D.D. Furszyfer Del Rio et al. Renewable and Sustainable Energy Reviews, 167 (2022) 112706
- Die Papierindustrie e. V. (2024): Papier 2024 – Ein Leistungsbericht. Berlin: Die Papierindustrie e. V.
- Die Papierindustrie. (2023). Transformation der Papierindustrie – Studie. Berlin. Die Papierindustrie e.V.
- Umweltbundesamt (2024): Altpapier. Dessau-Roßlau, Umweltbundesamt.
- Fleiter, Tobias (Hrsg.), Energieverbrauch und CO2-Emissionen industrieller Prozesstechnologien: Einsparpotenziale, Hemmnisse und Instrumente. 2013.
- Dietz, W., Meinl, G., Peche, R., Kreibe, S. (2020): Nachhaltiger Papierkreislauf – eine Faktenbasis. Augsburg, bifa Umweltinstitut GmbH
- Guminski, A., Rouyrre, E., Wiener, M. (2019): CO2-Verminderung im Papiergewerbe (Präsentation vom 27.11.2019). Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V.