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Grüne Märkte

Die Rolle von Labels für klimafreundliche Grundstoffe

Abbau von Kreide

Die Skalierbarkeit grüner Technologien und eine verlässliche Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten sind entscheidende Faktoren, um Planungssicherheit für Unternehmen zu schaffen und Investitionen in innovative Produktionsverfahren zu fördern. Besonders wichtig ist es, grüne Leitmärkte für die Grundstoffindustrie zu schaffen, damit klimafreundliche Produkte zum Standard werden. 

Erklärfilm zum Thema „Grüne Leitmärkte“

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Warum brauchen wir grüne Leitmärkte?

Die Industrietransformation hin zur Klimaneutralität stützt sich auf einen Mix aus zwei sich ergänzenden Ansätzen: Angebots- und Nachfrageinstrumente. Während der Fokus bisher auf angebotsbezogenen Maßnahmen wie finanzielle Förderungen (etwa durch die Bundesförderung Industrie und Klimaschutz (BIK)) oder auf Vorteilsschaffung durch CO₂-Bepreisung lag, ist die Förderung der Nachfrage ebenfalls entscheidend, um die Industrietransformation wirtschaftlich tragfähig zu machen. 

Diese nachfrageseitigen Instrumente werden „grüne Leitmärkte“ genannt, weil sie den Markt für klimafreundliche (oder „grüne“) Produkte formen. Vorreiter-Unternehmen, die solche Produkte herstellen, gewinnen dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Verschiedene politische Instrumente greifen dabei ineinander: Labels erleichtern die Anerkennung und Identifizierbarkeit klimaneutraler Produkte, während nachhaltige öffentliche Beschaffung die Nachfrage nach grünen Produkten stärkt.  

Labels und Zertifizierungen schaffen Transparenz und Vertrauen

Ein zentrales Hindernis für die Etablierung grüner Leitmärkte ist die fehlende Transparenz. Kunden wissen oft nicht, ob ein Grundstoff klimafreundlich hergestellt wurde. CO₂-Emissionen aus der Produktion bleiben unsichtbar, und viele Akteure kennen die Emissionsbilanz eines Produkts nicht.

Hier helfen Labels und Zertifizierungen. Sie machen die Klimafreundlichkeit von Grundstoffen sichtbar und schaffen Vertrauen. Ein gutes Label gibt Auskunft über die Treibhausgasemissionen, die bei der Produktion eines Grundstoffs entstanden sind. Käufer können so bewusst entscheiden und Produzenten können ihre Fortschritte bei der Transformation belegen.

Labels bieten klare Vorteile:

Planungssicherheit: Langfristige Investitionen möglich.
Transparenz: Wie klimafreundlich ist ein Grundstoff?
Vertrauen: Einheitliche Definitionen machen Labels glaubwürdig und verhindern „Greenwashing“.

Öffentliche Beschaffung als Hebel

Ein zentraler Schritt zur Entwicklung grüner Leitmärkte besteht darin, öffentliche Beschaffungsstellen zu mobilisieren. Sie können als „Erstkunden“ auftreten, indem sie innovationsfördernde Beschaffungspraktiken anwenden und Labels für klimaneutrale Produkte als Beschaffungskriterien nutzen.

Gütezeichen und Bewertungssysteme können bei der öffentlichen Beschaffung und für die KfW-Förderung als Kriterien dienen. Auch im Vergaberecht könnten Umweltkriterien wie der CO₂-Fußabdruck von Rohstoffen eine Rolle spielen. So ließe sich etwa „grüner“ Stahl für den Ausbau von Stromnetzen und Windenergie fördern.
 (Agora Industry 2024)

EU-Rahmen für Produktpolitik

Die EU setzt Maßstäbe bei der Normierung von Produktanforderungen und Kennzeichnungen. Ihre Ansätze können globale Standards prägen.
Wichtige Regelungen sind:

Green Claims-Richtlinie (Green Claims Directive, GCD): Sie schützt den Markt vor Manipulation, fördert Transparenz und stärkt das Vertrauen.

Ökodesign-Verordnungen (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR): Sie legt Mindestanforderungen für CO₂-Fußabdruck und Recyclinganteil bestimmter Produkte fest.

Bauproduktenverordnung (Construction Products Regulation, CPR). Ab 2026 müssen Hersteller den CO₂-Fußabdruck von Baustoffen wie Zement angeben.

Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD-Richtlinie): Ab 2028 müssen Neubauten der öffentlichen Hand ihre Lebenszyklusemissionen offenlegen.  

Netto-Null-Industrie-Verordnung (Net-Zero Industry Act, NZIA): Mit der Einführung von nicht-preislichen Kriterien (non-price criteria) in öffentlichen Ausschreibungen und Fördermaßnahmen sollen neben dem Preis qualitative Aspekte (CO₂-Fußabdruck, Resilienz, Nachhaltigkeit, Innovationsgrad) berücksichtigt werden. Dadurch sind Unternehmen im Vorteil, die nachhaltige Baustoffe produzieren.

EU Clean Industrial Deal: Ein einheitliches EU-Label für klimafreundliche Industrieprodukte soll Unternehmen ermöglichen, die Klima- und Umweltleistung eines Produkts sofort zu erkennen und zu berücksichtigen.

Grenzausgleichmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM): Stellt CO2-Kosten auf Importe sicher – schützt europäische grüne Leitmärkte vor Dumping.

Kontakt

Ece Oyan
Referentin Think Tank und Strategische Vorhaben
0355 47889-148 E-Mail schreiben weitere Informationen

Kontakt

Dr. Chiara Iurato
Referentin Think Tank und Strategische Vorhaben
0355 47889-198 E-Mail schreiben weitere Informationen

KEI Podium 2025 „Grüne Leitmärkte: Wie gelingt der Markthochlauf für nachhaltige Industrieprodukte?“

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Praxisbeispiele

Glühlampe mit integriertem Zahnrad vor dem Hintergrund der Stahlproduktion

LESS (Low Emission Steal Standard)

Auf der Hannover Messe 2024 stellte die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WVS) das freiwillige privatwirtschaftliche Label- und Kennzeichnungssystem LESS (Low Emission Steel Standard) vor. Es basiert auf Definitionen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und dem WVS-Regelwerk.

LESS berücksichtigt sowohl den Einsatz von Schrott als auch emissionsreduzierten Primärstahl. Damit können Unternehmen freiwillig ihre Fortschritte bei der Reduktion klimarelevanter Emissionen zertifizieren lassen und kommunizieren.

Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude

Im Bausektor signalisieren Labels wie das Gütesiegel „Nachhaltiges Gebäude“ (QNG) und das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen (BMWB) umweltfreundliche Produkte. Diese Kennzeichnungen fördern nachhaltige Bauweisen und stärken das Vertrauen der Kunden. 

Glühbirne mit integriertem Zahnrad vor dem Hintergrund des Kreideabbaus

Globale Standards für klimaneutralen Beton und Zement

Die Global Cement and Concrete Association (GCCA) stellte auf der Weltklimakonferenz in Baku (COP29) internationale Definitionen für klimaneutralen Beton und Zement vor. Grundlage für die Definitionen sind die so genannten Umweltproduktdeklarationen (Environmental Product Declarations, EPDs), die in der Branche etabliert sind.

Glühlampe mit integriertem Zahnrad vor dem Hintergrund der Stahlproduktion

Hamburg Hochbahn U-Bahn-Linie U5

Die Ausschreibung der neuen U-Bahn-Linie 5 in Hamburg berücksichtigte ausschließlich Angebote mit klimafreundlichen Grundstoffen wie grünem Zement und grünem Stahl. Eine von der Hochbahn U% Projekt GmbH in Auftrag gegebene Studie ergab, dass der Bau der U5-Linie durch die Verwendung von grünen Grundstoffen 70 Prozent weniger CO₂-Emissionen verursacht als ein vergleichbares U-Bahn Bauprojekt.

Glühbirne mit integriertem Zahnrad vor dem Hintergrund des Kreideabbaus

Cement Carbon Class (CCC)

IDer Verein Deutscher Zementwerke e. V. (VDZ) hat mit dem „CCC-Label“ ein privatwirtschaftlich initiiertes, freiwilliges Label für Zement eingeführt. Dieses Label ermöglicht es, Zemente in Abhängigkeit von den bei ihrer Herstellung entstehenden Treibhausgasemissionen in eine entsprechende Carbon-Klasse einzustufen. Diese Klassen leiten sich aus den im BMWE-Konzept „Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe“ definierten Schwellenwerten ab.