In unserer Interviewreihe haben wir mit Katrin Düning über die Abregelung von erneuerbaren Energieanlagen, die Gewährleistung von Netzstabilität in Übertragungsnetzen sowie den Einfluss von steigenden Batteriespeichernachfragen gesprochen.

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Damit aber Großbatteriespeicher einen wirkungsvollen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems leisten können, kommt der Wahl des Standorts und vor allem der Betriebsweise eine große Bedeutung zu.
Der Ausbau von erneuerbaren Energieanlagen hat in den letzten Jahren so rasant zugenommen, dass die Abnehmerseite oft nicht in der Lage war, den überschüssigen erneuerbaren Strom selbst bei negativen Strompreisen zu kaufen oder zu verbrauchen. Dies führte zu massiven Abregelungen. Welche konkreten Maßnahmen können in den nächsten Jahren ergriffen werden, um diese Problematik zu lösen?
Langfristig wird der Netzausbau und somit die Reduzierung von Netzengpässen die Häufigkeit von Abregelungen der erneuerbaren Energien reduzieren. Kurz- bis mittelfristig benötigen wir weitere Maßnahmen:
- Stärkere Integration der erneuerbaren Energien in das Energiesystem über die Erbringung von Systemdienstleistungen (SDL): diese benötigen Netzbetreiber auf allen Spannungsebenen für den sicheren Betrieb und die Stabilität des Stromnetzes. In der Vergangenheit wurden diese SDL überwiegend von konventionellen Großkraftwerken erbracht. Mit dem weiter steigenden Anteil Erneuerbarer müssen diese auch mehr SDL erbringen. Dies ist z.B. Kern des aktuellen Gesetzesvorhabens zu sogenannten PV-Spitzen. Viele Anlagen sind nicht-steuerbar und können somit bisher nicht netz- und systemdienlich genutzt werden;
- Stärkeres Agieren der erneuerbaren Energien am Markt: die Abregelung durch den Betreiber selbst auf Grund von Preissignalen aus dem Markt ist immer besser als die Abregelung durch einen Netzbetreiber;
- Anreize auf Verbraucherseite zum flexiblen Stromverbrauch: hier gibt es bisher zu wenig Signale für einen netzdienlichen Strombezug sowohl für Industriekunden wie auch für Haushalte.
Der Großteil der erneuerbaren Energieanlagen sowie die größten europäischen Energy-Hubs befinden sich in Norddeutschland. Wie kann eine stabile Stromversorgung der Großverbraucher in südlichen Regionen mit erneuerbaren Energien sichergestellt werden, insbesondere in den kommenden Übergangsjahren, um gleichzeitig die Netzstabilität in Übertragungsnetzen zu gewährleisten?
In Deutschland haben wir eine außergewöhnlich hohe Netzverfügbarkeit von 99,999 Prozent. Haushalts- wie auch Industriekunden versorgen wir rund um die Uhr sehr zuverlässig mit Strom. Um diesem Anspruch auch in Zukunft gerecht zu werden und die Dekarbonisierung der Industrie zu unterstützen, bauen wir mit unseren Partnern u.a. die großen Nord-Süd-Verbindungen wie den SuedLink von Schleswig-Holstein bis nach Bayern und Baden-Württemberg sowie den SuedOstLink von Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nach Bayern. Zudem gibt es Projekte wie die Energiewende-Leitung ChemDelta oder die Industrieleitung Salzgitter, um Industriekunden direkt an das Höchstspannungsnetz anzuschließen. In den letzten zehn Jahren hat TenneT über 1.200 km an neu gebauten oder ertüchtigten Höchstspannungsleitungen in Betrieb genommen. Auch der grenzüberschreitende Ausbau schreitet voran: So ertüchtigen wir in den kommenden Jahren gemeinsam mit dem österreichischen Netzbetreiber APG zwei Leitungen zwischen Bayern und Österreich.
Aktuell gibt es viele Medienberichte zu den enorm ansteigenden Batteriespeichernetzanfragen. Welche Auswirkungen hat das auf das Übertragungsnetz?
Stromspeicher spielen eine entscheidende Rolle sowohl für die Energiespeicherung und perspektivisch auch für die Stabilität des Stromnetzes. Batteriespeicher sind essentiell, um wetterbedingte Schwankungen in der Einspeisung erneuerbarer Energien auszugleichen und Flexibilität im Stromsystem bereitzustellen. Und in der Tat sind die Anschlussanfragen von Großbatteriespeichern auch bei TenneT schon jetzt in relativ kurzer Zeit enorm gestiegen. Damit aber Großbatteriespeicher einen wirkungsvollen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems leisten können, kommt der Wahl des Standorts und vor allem der Betriebsweise eine große Bedeutung zu. Dafür braucht es dringend einen verbindlichen regulatorischen Rahmen. Wenn der richtig gesetzt wird, können wir das Potential der Batteriespeicher nutzen, um teure Netzeingriffe zu minimieren, die Systemsicherheit bei hohem Erneuerbaren-Anteil zu stärken und den Netzausbau passgenau zu dimensionieren. Mit unseren Erkenntnissen – auch aus der kürzlich veröffentlichten Studie „Quo vadis, Großbatteriespeicher?“ – wollen wir einen Beitrag leisten, um den schnellen und gleichzeitig systemdienlichen Aufbau von Speicherkapazitäten in Deutschland voranzutreiben.
Zur Person
Katrin Düning, Senior Advisor Political Affairs
TenneT TSO GmbH
Seit Oktober 2021 arbeitet Katrin Düning im Political Affairs Team des Übertragungsnetzbetreibers TenneT. Sie betreut dort auf bundespolitischer Ebene die Themenschwerpunkte Marktdesign und Systemstabilität.