Expert*innen aus Politik, Wissenschaft, Industrie und Netzbetreibern kamen am 10. Oktober 2024 in Berlin zusammen, um über die Rolle der Flexibilisierung elektrifizierter Industrieprozesse für die europäische Energiewende zu diskutieren.
Flexibilität als Schlüssel für die Klimaziele
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die entscheidende Rolle der industriellen Flexibilität für die Erreichung der europäischen Klimaziele und die Stabilität des Energiesystems. Dabei ging es vor allem um grenzüberschreitende Innovationslösungen, die für die EU-Staaten von großer Bedeutung sind. Die Themen Elektrifizierung, Wasserstofftechnologien und Hybridanlagen wurden hervorgehoben, da sie eine optimale Nutzung erneuerbarer Energien in der Industrie ermöglichen und gleichzeitig die Abhängigkeit von externen Energiequellen reduzieren.
In seinem Impulsvortrag skizzierte Eric Lecomte von der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission die europäischen Rahmenbedingungen für die Integration von Energiesystemen. Anschließend gab Professor Dr. Alexander Sauer vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung Einblicke in das Kopernikus-Projekt „SynErgie“, das sich auf die Energieeffizienz in der Produktion konzentriert. Jean Théo Ghenda, Direktor für Technologien bei EUROFER (Europäischer Stahlverband), präsentierte eine Unternehmensperspektive auf EU-Ebene.
Möglichkeiten und Einschränkungen
Am Nachmittag wurde die Diskussion mit einem Panel zu den europäischen Flexibilitätsstrategien fortgesetzt. Neben den Vortragenden Eric Lecomte, Prof. Dr. Sauer und Jean Théo Ghenda ergänzten Katrin Düning, Senior Advisor bei TenneT, und Dr. Habibullah Qureischie von der Bundesnetzagentur die Gesprächsrunde. Die Diskussion bot eine Mischung aus politischen, industriellen und regulatorischen Perspektiven, um die Energie- und Industriesysteme der EU durch Zusammenarbeit und Innovation zu stärken und fand im Austausch mit dem anwesenden Publikum statt.
Thematisiert wurden Fragen der technischen und physischen Limitierungen der Netzübertragung, Möglichkeiten der Lastverschiebung und die Anpassung von Produktionskapazitäten. Intensiv diskutiert wurde die geplante Reform der Netzentgelte und ihre Auswirkung auf deutsche Industrieunternehmen. Deutlich wurde die Dringlichkeit von Investitionen für die Transformation der Industrie.
Interkonnektivität als Schlüsselfaktor
In der Diskussion kristallisierten sich mehrere zentrale Erkenntnisse heraus. Ein wichtiger Punkt war die Rolle der Interkonnektivität. Die Verstärkung bestehender und der Aufbau neuer Interkonnektoren zwischen den EU-Mitgliedstaaten wurden als entscheidend für die Schaffung eines flexiblen und stabilen europäischen Energiesystems angesehen.
Kontrovers diskutiert wurde das Thema des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM). Während die Stahlindustrie den CBAM als unzureichend betrachtet, um Carbon Leakage (d. h. die Verlagerung von CO₂-Emissionen) effektiv zu verhindern, wurde dennoch das Potenzial dieses Mechanismus zur Reduzierung globaler Stahlüberkapazitäten und zur Bekämpfung unfairer Handelspraktiken betont.
Zukunftsstrategie: Investitionen und Forschung für industrielle Flexibilität
Die Veranstaltung machte deutlich, dass weitere Forschung und Investitionen in die industrielle Flexibilität notwendig sind. Der EU Clean Industrial Deal und der Draghi-Bericht unterstreichen die Bedeutung von Flexibilität im europäischen Energiesystem. Eine Studie zur Flexibilisierung elektrifizierter Industrieprozesse hat das KEI kürzlich veröffentlicht. Das Kompetenzzentrum plant, den Dialog in branchenbezogenen Fachforen fortzusetzen, um konkrete Lösungen für die Industrie zu entwickeln und die Flexibilitätspotenziale weiter auszubauen.