Über das Förderprogramm „Dekarbonisierung in der Industrie“ unterstützt das Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI) ein Projekt zum Umbau der kohlenstoffarmen Zementproduktion.
Im Rahmen des Vorhabens wird erstmals in Deutschland eine großtechnische Anlage zur CO2-Abscheidung durch Aminwäsche errichtet, um klimaschädliche Treibhausgasemissionen bei der Klinkerherstellung zu reduzieren. Das Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert das Investitionsvorhaben über das Dekarbonisierungsprogramm, das vom KEI gesteuert wird.
Die Industriepartner HeidelbergCement AG und die Linde GmbH haben für das Projekt „Capture2Use“ einen Bescheid in Höhe von rund 14,9 Millionen Euro erhalten. Die Fördersumme investieren die Unternehmen am Zementwerk Lengfurt (Bayern), um die eingesetzte Aminwäsche-Technologie im industriellen Maßstab zu demonstrieren. Das abgeschiedene Kohlendioxid wird aufbereitet und in der Lebensmittelbranche weiterverarbeitet. „Wir freuen uns, dass mit ‚Capture2Use‘ nun ein erstes Projekt der Zementindustrie eine Förderung über das Förderprogramm zur Dekarbonisierung der Industrie erhält und wir diesen Sektor damit bei der künftig dauerhaften Einsparung seiner prozessbedingten Emissionen unterstützen“, erklärt KEI-Leiter Dr. Bernd Wenzel anlässlich der Bewilligung des Förderprojekts.
Erste CO2-Abscheideeinrichtung durch Aminwäsche im industriellen Maßstab
Im Projekt wollen der Zementhersteller HeidelbergCement und der Gase-Anbieter Linde klimaschädliches Kohlendioxid aus dem Abgasstrom eines Zementklinkerofens nachhaltig nutzbar machen. Da der Ausstoß dieses Treibhausgases sich produktionsbedingt nur begrenzt reduzieren lässt, ist zur weiteren Minderung nur die Abscheidung des freiwerdenden Treibhausgases möglich. Bis Ende 2024 wird nun im Zementwerk Lengfurt eine CO2-Abscheideeinrichtung im industriellen Maßstab errichtet. Darin werden die bei der Klinkerherstellung entstehenden Abgase durch einen sogenannten Aminwäscher geleitet, abgeschieden und konzentriert. Aminwäsche ist ein chemischer Prozess zur Abtrennung von Kohlendioxid aus sauren Gasgemischen. Das so in der Aminlösung gebundene CO2 wird anschließend mit Hilfe von Wärme ausgetrieben und für die weitere Verwendung aufbereitet. Die Anlage wird darauf ausgelegt, zehn Prozent der CO2-Emissionen des Zementwerks abscheiden zu können. Dies entspricht etwa 70.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr.
CO2-Aufbereitung für die Lebensmittelindustrie
Die Projektpartner investieren als Cap2U GmbH insgesamt rund 37,4 Millionen Euro in die Realisierung der Anlage mit großtechnischen Abmessungen. Das abgeschiedene CO2 wird über die Aminwäsche-Technologie in seiner Qualität so aufbereitet, dass es in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden kann – dies wurde bislang nur im Labormaßstab erprobt. Das im Zementsektor neuartige CO2-Abscheideverfahren ist auch auf andere Industriebranchen wie Stahl, Glas oder Chemie übertragbar. Die Zementindustrie ist ein Wirtschaftsbereich mit hohen Treibhausgasemissionen: Die Herstellung einer Tonne Zement ist nach Angaben des Branchenverbands Verein Deutscher Zementwerke in Deutschland mit CO2-Emissionen von rund 600 Kilogramm verbunden – etwa zwei Drittel davon entfallen auf rohstoffbedingte Prozessemissionen, nur ein Drittel auf Brennstoffemissionen. In Summe belaufen sich die CO2-Emissionen der Zementindustrie hierzulande aktuell auf etwa 20 Millionen Tonnen, was zwei Prozent der nationalen Gesamtemissionen entspricht.
BMWK-Förderung über rund 14,9 Millionen Euro
Das Projekt wird vom Bundeswirtschaftsministerium über das Programm „Dekarbonisierung in der Industrie“ mit rund 14,9 Millionen Euro gefördert, um den ökologischen Fußabdruck eines zentralen Teils der Zementherstellung zu reduzieren. Das BMWK unterstützt damit die energieintensive Industrie dabei, prozessbedingte Treibhausgasemissionen dauerhaft zu reduzieren und stellt Mittel für die Investitionskostenförderung zur Dekarbonisierung zur Verfügung. Dies trägt entscheidend zum Erreichen des gesetzlich verankerten Ziels der Klimaneutralität bis 2045 in Deutschland bei.
Begleitung durch das KEI im gesamten Förderverfahren
Hauptansprechpartner für das Programm ist das Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien. Ein interdisziplinäres Team verschiedener technischer und wirtschaftlicher Fachleute begleitet das gesamte Förderverfahren und unterstützt Unternehmen von der ersten Idee über die Qualifizierung bis zu einem förderfähigen Projektantrag. Das in der Strukturentwicklungsregion Lausitz angesiedelte Kompetenzzentrum agiert im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums unter dem Dach der Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG). Die ZUG entwickelt und betreut als Bundesgesellschaft für verschiedene Ministerien eine Vielzahl von Förderprogrammen und strategischen Projekten auf nationaler und internationaler Ebene zum Schutz von Umwelt, Natur und Klima.
Projektsteckbrief
Capture2Use
Im Projekt „Capture2Use“ errichten HeidelbergCement und Linde die deutschlandweit erste Anlage im industriellen Maßstab zur CO2-Abscheidung durch Aminwäsche.