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Drei Fragen an... Katja Witte, Wuppertal Institut

Gestapelte Glasplatten

Katja Witte spricht im Interview über die Chancen einer erfolgreichen Industrietransformation für Unternehmen und die Bedeutung einer aktiven Kommunikation von Nachhaltigkeitsthemen zur Steigerung der Akzeptanz.

Portrait Katja Witte, Wuppertal Institut
Katja Witte, Wuppertal Institut

Welche Bedeutung hat die interne und externe Kommunikation einer Klimastrategie mit klaren Zielen des Unternehmens sowie den strategischen und technischen Überlegungen zur Transformation für die Akzeptanzförderung bei den Mitarbeitenden und in der Bevölkerung? 

Insbesondere Unternehmen, die mit ihren Produktlinien international auf Märkten mit umfangreichen Lieferketten agieren, sind bestrebt ihre Aktivitäten zu Nachhaltigkeitsthemen ausführlich zu kommunizieren. Dies ist zentral, um deren Corporate Social Responsibility  (CSR)-Philosophie darzustellen, aber auch um wettbewerbliche Aspekte darzulegen, wie höhere Produktpreise aus Gründen einer nachhaltigen Produktion. Unternehmen bieten der Gesellschaft durch eine klare Kommunikation ihrer Klimastrategie einen Blick hinter die Türen des Unternehmens. Das schafft Transparenz und ermöglicht interessierten Personen aus der Gesellschaft und anderen Akteursgruppen das jeweilige unternehmerische Handeln in Bezug zu deren Klimastrategie besser verstehen und einordnen zu können. 

Die alleinige Kommunikation unternehmerischen Handelns zu deren Nachhaltigkeitszielen ist nicht hinreichend für die Schaffung gesellschaftlicher Akzeptanz, aber es erleichtert einen Zugang zu einem Austausch auf Augenhöhe und kann als erster Schritt für die Herstellung gesellschaftlicher Akzeptanz verstanden werden. Dies gilt ebenso für den Austausch innerhalb eines Unternehmens; die frühzeitige Einbindung der Mitarbeitenden in die Umsetzung einer Klimastrategie ist zentral für die erfolgreiche Umsetzung.
 

 

Kann die Industrietransformation als Chance für die Branche zur Steigerung der Attraktivität der Arbeitsplätze und zur Verstärkung der Mitarbeiterbindung gesehen werden? Welche Effekte sind regional denkbar? (Hintergrund: Mitarbeitender als Wissensträger*in und Botschafter*in / Position der Glaswerke als regional bedeutender Arbeitgeber.)

Die Chance einer gelungenen Industrietransformation besteht für Branchen darin, dass sich ihre Unternehmen in Summe resilienter und zugleich anpassungsfähiger aufstellen. Eine Branche welche in der Lage ist, sich robust durch einen Transformationsprozess zu manövrieren, gewinnt in der gesellschaftlichen Außenwahrnehmung an Aufmerksamkeit und Anerkennung, insbesondere, wenn sie stark regional verankert ist. Gleiches gilt zum Beispiel für den Aufbau und das Angebot an neuen innovativen Beschäftigungsperspektiven, die mit der Industrietransformation einhergehen können. Dieses Angebot macht die Branche für die Mitarbeiterschaft sowie potentiell neue Fachkräfte deutlich attraktiver. 

Beobachtbar ist zugleich auch ein erhöhter Wechsel von Fachkräften in die innovierende Branche, wenn zwischen regional verankerten Branchen eine hohe Kompetenzverwandtschaft besteht. Neben diesen regionalen Effekten können Mitarbeitende eines Unternehmens selbst für die Steigerung der Attraktivität ihres Arbeitgebers Sorge tragen, in dem sie als Botschafter*in für die Innovationskraft ihrer Branche in ihrem jeweiligen Umfeld auftreten und dies glaubhaft vermitteln, aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen mit dem Unternehmen.  

Eine Branche welche in der Lage ist, sich robust durch einen Transformationsprozess zu manövrieren, gewinnt in der gesellschaftlichen Außenwahrnehmung an Aufmerksamkeit und Anerkennung, insbesondere, wenn sie stark regional verankert ist.

Wie kann ein Kommunikations- und Informationsfluss mit Kommunen, die beispielsweise vom Standortumbau oder Infrastrukturanpassungen betroffen sind, gestaltet werden? Welche Partizipationsinstrumente gibt es zur Förderung der Akzeptanz in den Kommunen zur Teilnahme und Mitgestaltung am Transformationsprozess?

Die Bevölkerung bringt den Kommunen ein höheres Vertrauen als Industrieunternehmen entgegen, wenn es um die Frage des Treffens richtiger Entscheidungen zum Umgang mit industriellen Pfaden, wie zum Beispiel der CO2-Abscheidung und -Speicherung oder des grünen Wasserstoffs, geht. Es ist zentral, Kommunen daher nicht nur in ihrer Rolle als Betroffene zu integrieren, sondern mit ihnen gemeinsam die kommunale und regionale Planung von Infrastrukturmaßnahmen zu etablieren.

Kommunen kennen oft sehr genau die Belange ihrer Bürger*innen und weisen einen hohen Erfahrungsschatz mit möglichen Akzeptanzproblemen in der lokalen Bevölkerung auf. Diesen gilt es zu nutzen, neben der fachlichen und strategischen Expertise, die kommunale Vertreter*innen in den Prozess einbringen können. Neben den formal angelegten Informationskanälen aus der Kommune heraus, zum Beispiel Einsehung von Bebauungsplänen, existiert ein breiter Fächer an Informations- und Partizipationsmethoden zur Umsetzung durch und mit Kommunen. Hier sind beispielsweise Bürger*innenräte zu nennen, die in vielen Städten und Kommunen durchaus professionell und erfolgreich angewandt werden.

Zur Person

Katja Witte
Kommissarische Abteilungsleiterin und Co-Leiterin des Forschungsbereichs Strukturwandel und Innovation | Wuppertal Institut
 

Katja Witte ist Diplom-Sozialwissenschaftlerin. Seit 2023 ist sie Kommissarische Abteilungsleiterin sowie Co-Leiterin des Forschungsbereichs Strukturwandel und Innovation des Wuppertal Instituts.

Über die Interviewreihe

In der Rubrik „Drei Fragen an...” kommen Fachleute aus den energieintensiven Industrien zu Wort. Sie geben Einblick in branchenspezifische Aspekte der Dekarbonisierung und sprechen über Strategien für eine klimaneutrale Industrie.

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