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Drei Fragen an... Michael Wolters, IGBCE

Gestapelte Glasplatten

Michael Wolters spricht über die Herausforderungen der Glasindustrie mit Blick auf die Transformation hin zur Klimaneutralität sowie die Bedeutung von Betriebsräten als internes Partizipationsinstrument.

Portraitfoto von Michael Wolters
Michael Wolters, IGBCE

Wie können mittelständische und kleine Unternehmen für und im Transformationsprozess bezüglich vorhandener Kapazitäten, Fachpersonal (für den Förderungsantrag und den Betrieb der neuen Anlagen) und Anlagentechnik kurz- und mittelfristig unterstützt werden? Welche Instrumente müssen geschaffen und weiterentwickelt werden? 

Klein- und mittelständische Unternehmen können sicher externe Hilfe bei Förderanträgen gebrauchen, da sie häufig gar nicht die Kapazitäten in ihrer Verwaltung haben, sich selbst durch den Wust an Förderinstrumenten zurecht zu finden. 

In der Natur der Glasproduktion ist eine vollkontinuierliche Schichtarbeit unbedingt erforderlich. Angesichts der sinkenden Zahlen an Schulabgänger*innen und auch an geänderten Ansprüchen der jungen Menschen ist VK-Schichtarbeit nicht sonderlich beliebt. Deshalb müssen sich viele Unternehmen überlegen, wie sie die Arbeitsbedingungen gestalten können, um für neues Fachpersonal attraktiver zu werden. 

Unsere Betriebsräte engagieren sich hierbei in vielerlei Hinsicht bei der Entwicklung neuer Schichtmodelle, die mehr Flexibilität, mehr Freizeit und weniger Belastung über das gesamte Erwerbsleben ermöglichen. Darüber hinaus bemüht sich die IG BCE zusammen mit dem Arbeitgeberverband Glas und Solar die Attraktivität einer Ausbildung in der Glasindustrie durch verschiedenste Formen der Information in den allgemeinbildenden Schulen zu verdeutlichen.  
 

Welche Kanäle und interne Partizipationsinstrumente sind am effektivsten zur Gewährleistung der Transparenz, damit alle Mitarbeitenden in den Betrieben die Strategien für die Transformation kennen, mitgestalten und weiter kommunizieren? (Hintergrund: Mitarbeitende als Multiplikatoren komplexer Themen durch Fachwissen.)

Die ökologische Transformation der Glasindustrie ist getrieben von den Entscheidungen des Gesetzgebers. In der Folge dieser Entscheidungen versuchen die Betriebe den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Gleichzeitig ist dies nur möglich, wenn die Politik den Ausbau der hierfür erforderlichen Infrastruktur auch sicherstellt. Für die Glasindustrie sind dies vor allem ausreichend starke und leistungsfähige Stromanschlüsse. Oft müssten hierzu die Leitungsnetze der regionalen Energieunternehmen erst ertüchtigt werden. Darüber hinaus existiert bislang noch kein Pipeline-Netz für die Versorgung mit grünem Wasserstoff. Dies müsste erst noch aufgebaut werden.

Diese Zusammenhänge werden nicht nur dem Betriebsrat in den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses dargelegt, sondern sie sind auch Thema auf Betriebsversammlungen. Insoweit werden die Beschäftigten regelmäßig über die Anforderungen der Politik und die Herausforderungen einer noch nicht vorhandenen Infrastruktur unterrichtet.

In der Regel gehen die Betriebsräte auch aktiv auf die Politik zu und fordern eine entsprechende Reaktion der Entscheidungsträger*innen seien es Ministerpräsident*innen oder Landeswirtschaftsminister*innen.

Viele Unternehmen müssen sich überlegen, wie sie die Arbeitsbedingungen gestalten können, um für neues Fachpersonal attraktiver zu werden.

Werden die Mitarbeitenden im Prozess der Transformation auf neue Arbeitsfelder und neue Anlagen mit Weiterbildungs- und Qualifizierungsprogrammen vorbereitet? Wie sehen diese Programme konkret aus?

Für die Beschäftigten in den Glasbetrieben ist die größte Herausforderung, die Umstellung der Glaswannen auf elektrische Heizsysteme. Und dort, wo weiterhin erforderlich wird die Gasheizung von Erdgas auf Wasserstoff umgestellt. Eine elektrisch betriebene Glaswanne gibt wesentlich weniger Wärme an die Umwelt ab, insofern erleichtern sich die Arbeitsbedingungen in unmittelbarer Nähe der Glaswanne. Gleichwohl erfordert die Steuerung einer elektrischen Wanne andere Anforderungen. Die hierfür erforderlichen Qualifikationen bieten die Unternehmen schon aus Eigeninteresse an. Dasselbe gilt für die voranschreitende Digitalisierung in den Produktionsabläufen.

Zur Person

Michael Wolters
Fachsekretär in der Wirtschafts- und Branchenpolitik | Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE)
 

Michael Wolters ist Fachsekretär in der Wirtschafts- und Branchenpolitik der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) und dort unter anderem zuständig für die Glasindustrie. In seine Zuständigkeit fallen die Beobachtung und Bewertung der wirtschaftlichen Kennzahlen der Branche sowie Einschätzungen zu neueren technologischen, ökologischen und gesetzlichen Entwicklungen in der Glasindustrie. Zusammen mit Betriebsrät*innen der Branche entwickelt er Arbeitshilfen und Handlungsvorschläge für die betriebliche Mitbestimmung. Des Weiteren ist er verantwortlich für die industriepolitische Ausrichtung seiner Gewerkschaft in den ihm unterstellten Branchen.

Über die Interviewreihe

In der Rubrik „Drei Fragen an...” kommen Fachleute aus den energieintensiven Industrien zu Wort. Sie geben Einblick in branchenspezifische Aspekte der Dekarbonisierung und sprechen über Strategien für eine klimaneutrale Industrie.

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