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Drei Fragen an... Heribert Hauck, Senior Consultant Energy & Climate Affairs

Eine Reihe von Aluminiumrollen

Heribert Hauck spricht über die Rolle der Flexibilität der Energiestrukturen für die Transformation der Industrie und darüber wie systemdienliche Flexibilität als Instrument zur Stabilisierung der Netzfrequenz dienen kann.

Solange wir keine großen, bezahlbaren Batterien haben, ist lastseitige Flexibilität, die Anpassung des Verbrauchs an die dargebotsabhängige Erzeugung, ein wesentlicher Garant für eine stabile Stromversorgung.
Heribert Hauck, Senior Cunsultant Energy & Climate Affairs

Welche (infrastrukturellen, wirtschaftlichen, politischen usw.) Rahmenbedingungen brauchen die Unternehmen der NE-Metallindustrie, um eine langfristige Planungs- und Investitionssicherheit zu gewährleisten? Wie relevant ist die Planungsperspektive für die Unternehmen für den Transformationsprozess zur Dekarbonisierung?

Privatwirtschaftlich arbeitende Unternehmen (also praktisch alle produzierenden Unternehmen in diesem Land) können nur bestehen, wenn und solange sie Gewinne erwirtschaften. Das gilt sowohl im Tagesgeschäft als auch die Refinanzierung von Investitionen betreffend. Daher muss auch jede Investition in die De-Fossilisierung mit einer sogenannten Return-on-Investment (ROI)-Kalkulation unterlegt sein, in der nachgewiesen wird, dass sich die Investition über einem vom Unternehmer/Geldgeber als darstellbar angenommenen Refinanzierungszeitraum rechnet – also eine positive Rendite verspricht. Besteht diese Perspektive nicht, kann und darf ein Unternehmen nicht investieren – es bekommt weder von der Bank noch von seinen Eigentümern (Aktionären) das hierfür notwendige Kapital.

In dieser Situation befinden sich heute nahezu alle Unternehmen. Es fehlen langfristig stabile wirtschaftsfreundliche von der Politik zu setzende Rahmenbedingungen, die es erlauben würden, solche ROI-Rechnungen anzustellen. Im Wesentlichen sind dies stabile Planungshorizonte für eine verlässliche, emissionsfreie und international wettbewerbsfähige Energieversorgung (Strom und auch Wasserstoff) und eine Marktwertperspektive für zukünftige CO2-freie, aber gegenüber konventionellen Weltmarktprodukten teurere klimaschonende Alternativen.

Welche Rolle spielt die Flexibilität der Energiestrukturen für die Transformation in der Industrie, insbesondere für die Prozesswärmeerzeugung? Welche Relevanz haben die Netzentgeltkosten bei Nutzung von Überschussstrom für die Flexibilität?

Die Erzeugungsprofile der zukünftigen Stromerzeugungsflotten sind wetterabhängig und höchst volatil. Ihr Erzeugungsprofil orientiert sich nicht am Bedarfsprofil der Verbraucher. Zum Betrieb einer stabilen Stromversorgung müssen jedoch die Erzeugung und der Verbrauch von Strom in einem sekundenscharfen Gleichgesicht sein. Sind sie das nicht, führt dies unweigerlich zu einem Blackout.

Solange wir also keine ausreichend großen und bezahlbaren Batterien haben – und solche Perspektiven sind nicht in Aussicht – ist lastseitige Flexibilität, also die Anpassung des Verbrauchs an die dargebotsabhängige Erzeugung, sowohl ein wesentlicher Garant für eine stabile Stromversorgung als auch ein Beitrag zur Senkung der unternehmensspezifischen Stromkosten. Insbesondere bivalente Lösungen zur Bereitstellung von Prozesswärme, wie z.B. hybride Erzeugungsaggregate, die je nach Verfügbarkeit entweder mit Strom (bei Überschuss) oder mit Gas (später Wasserstoff) betrieben werden können, wären hier eine attraktiver Lösungsbeitrag mit hohem energetischen Flexibilisierungspotenzial.

Dies allerdings nur dann, wenn zum einen ausreichende Planungshorizonte der für eine Flexibilisierung des Verbrauchs notwendigen Investitionen bestehen (ROI) als auch sichergestellt wird, dass die systemdienliche Nutzung von Überschussstrom durch eine flexible(re) Produktion keinen kostentreibenden Einfluss auf die zu entrichtenden Netzentgelte hat. Dies ist mit den aktuellen Festlegungen der Stromnetzentgeltverordnung nicht gegeben.

Wie kann die systemdienliche Flexibilität als Instrument zur Stabilisierung der Netzfrequenz dienen? Wie soll in diesem Zusammenhang die Netzentgeltverordnung geändert werden?

Bestimmte lastseitige Flexibilitäten können alternativ bzw. in Ergänzung zu den heute von den Netzbetreibern dafür kontrahierten steuerbaren (konventionellen) Kraftwerken auch sogenannte Regelenergien (Primär- und Sekundärregelung) liefern und damit den Bedarf eines systemnotwendigen ‚Must-run‘-Sockels an konventionellen Kohle- und Gaskraftwerken reduzieren. Dazu müssen diese Flexibilitäten diese Systemdienstleistungen allerdings verlässlich anbieten können.

Beste Voraussetzung hierfür ist ein durchlaufender (Grundlast-) Betrieb, da dieser Betrieb die jederzeitige und schnelle Verfügbarkeit von Flexibilität ermöglicht. Da die damit verbundene intensive Netznutzung gemäß §19.2.2 StromNEV den Anspruch auf die Berechnung eines individuellen Netzentgeltes ermöglicht, muss jedoch auch hier sichergestellt werden, dass einen diesem Grundlastprofil überlagerte systemdienliche Flexibilisierung keinen Einfluss hat auf Art und Höhe des zu entrichtenden Netzentgeltes – dies nicht nur für Regelenergiebeiträge, sondern auch für gleichwertig systemdienliche Bedarfsflexibilisierung anhand von Preissignalen am kurzfristigen Strommarkt (kontinuierlicher Intradaymarkt).

Zur Person

Heribert Hauck
Senior Cunsultant Energy & Climate Affairs

Heribert Hauck ist selbstständiger Berater für die Energiewirtschaft. Er unterstützt Unternehmen und Politik bei der Lösung energiewirtschaftlicher und energiepolitischer Fragestellungen. Vor seiner Selbstständigkeit im Jahr 2022 war er mehr als 20 Jahre beim Aluminiumproduzenten TRIMET Aluminium SE tätig, seit 2007 als Leiter des Ressorts Energiewirtschaft.

Über die Interviewreihe

In der Rubrik „Drei Fragen an...” kommen Fachleute aus den energieintensiven Industrien zu Wort. Sie geben Einblick in branchenspezifische Aspekte der Dekarbonisierung und sprechen über Strategien für eine klimaneutrale Industrie.

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