Dr. Elisabeth Dütschke ist Ansprechpartnerin für gesellschaftliche Fragen der Energiewende am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Im Interview spricht sie über CCS-Technologien als Übergangslösung auf dem Weg zur klimaneutralen Industrie sowie über Instrumente zur Akzeptanzförderung für Klimaschutz und Transformation.
Das allgemeine Bewusstsein der Gesellschaft für Klimaschutz ist vorhanden, jedoch fehlt die Verbindung zu konkreten Lösungen und Maßnahmen. Hieran muss im Sinne der Akzeptanzförderung gearbeitet werden. Welche Instrumente sind denkbar, um diese Brücke zu schlagen?
Aus der Forschung wissen wir, dass im Wesentlichen drei Faktoren relevant sind, damit Politik akzeptiert wird: Die wahrgenommene Effektivität der Politik, die wahrgenommene Fairness sowie die eigene Betroffenheit. Effektivität und Fairness lassen sich durch Kommunikation gestalten, indem etwa erklärt wird, was der Sinn von bestimmten Maßnahmen ist und wie diese sich auswirken. Das funktioniert dann besser, wenn man hierzu auch Antworten hat.
Mit der eigenen Betroffenheit wächst in der Regel auch das Interesse – hier sind Beteiligungsmöglichkeiten hilfreich, sei es finanzieller Art wie dies bei Genossenschaften der Fall ist, die z.B. Anlagen zur Erzeugung erneuerbaren Stroms betreiben. Oder eben durch die Möglichkeit, Informationen zu erhalten, Fragen zu stellen oder – wo möglich – mitzugestalten.
Viele Menschen fühlen sich inzwischen hilflos angesichts der großen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, kann dem entgegenwirken und helfen, eine positive Vision zu entwickeln.
Es ist notwendig, Informations- und Kommunikationskanäle über die erforderlichen Maßnahmen zur Transformation bereitzustellen. Welche Akteure (Organisationen bzw. Institutionen) sollten als Vermittler und Akzeptanzförderer agieren und mit welchen Instrumenten?
Hier braucht es viele Akteure – denn alle haben ihre eigene Rolle in der Gesellschaft. Die Politik sollte Ziele und den Weg dorthin aufzeigen. Der Wissenschaft fällt es zu, Fakten bereit zu stellen und Vorgehensweisen einzuordnen. Die Industrie sollte transparent informieren, wie sie mit den Herausforderungen umgeht. Wichtig ist, dass eben viele Akteure sich der Diskussion stellen und sich nicht "wegducken". Und ihre Entscheidungsgrundlagen erklären: Warum wurde diese Vorgehensweise gewählt und inwiefern nützt diese der Transformation.
Dass etwa die Industrie dabei weitere Interessen verfolgt wie etwa rentable Geschäftsmodelle ist dabei nicht hinderlich, sondern kann im Gegenteil die Glaubwürdigkeit erhöhen. Denn die Gesellschaft erwartet von den verschiedenen Akteuren, dass sie ihre eigenen Interessen vertreten. Das gilt genauso für Interessensvertretungen wie etwa Umweltverbände.
Schwierig wird es, wenn der Eindruck entsteht, dass bestimmte Gruppen etwa von der Politik mehr gehört werden als andere oder einen viel direkteren Zugang und damit Einflussmöglichkeiten haben.
Können CCS-Technologien als Übergangslösung auf dem Weg zur klimaneutralen Industrie gesehen werden? Wie lange sollte dieser Übergang dauern und welche Instrumente sind für die Regulierung der CCS-Nutzung denkbar?
Angesichts der zu Recht ambitionierten Klimaziele und ausgehend von dem, wie weit wir von diesen momentan noch entfernt sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass CCS-Technologien hilfreich sein werden, um uns den Zielen anzunähern. Momentan sind diese aber noch nirgendwo im kommerziellen Maßstab implementiert, das heißt es bestehen offene Fragen z.B. zu den tatsächlichen Kosten. Insofern ist hier nun einerseits die Ausdifferenzierung der Strategien zur Nutzung von CCS-Technologien gefragt – auf europäischer und nationaler Ebene sowie in Kooperation miteinander. Das betrifft auch eine gesellschaftlich-politische Verständigung zu gewünschten Anwendungsfällen. Wenn es dann um die Implementierung geht, wird es wichtig sein, zum einen die Emissionsbilanzierung gut zu durchdenken, so dass weder Schlupflöcher entstehen, die effektiven Klimaschutz verhindern, noch, dass unnötig restriktive Regelungen entstehen. Zum anderen sollten aufgrund der begrenzten Erfahrung immer wieder Zeit für eine Evaluation des Erreichten und eine eventuelle Modifizierung der nächsten Schritte eingeplant werden.
Zur Person
Dr. Elisabeth Dütschke
Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI
Dr. Elisabeth Dütschke ist Leiterin des Competence Centers Energiepolitik und Energiemärkte, sowie des Geschäftsfelds Akteure und Akzeptanz in der Transformation des Energiesystems am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt auf dem Menschen als Akteur im sich verändernden Energiesystem. Sie ist verantwortliche Ansprechpartnerin für gesellschaftliche Fragen der Energiewende am Institut.
Über die Interviewreihe
In der Rubrik „Drei Fragen an...” kommen Fachleute aus den energieintensiven Industrien zu Wort. Sie geben Einblick in branchenspezifische Aspekte der Dekarbonisierung und sprechen über Strategien für eine klimaneutrale Industrie.